Steckbrief der Yorkshire Kanarien
Der Yorkshire ist ein domestizierter Kanarienvogel, der seit Mitte des 19. Jahrhunderts in England gezüchtet wird. Er zählt zu den großen, glatt befiederten Positur-Kanarien und ist in allen Kanarienfarben, einschließlich gescheckter Vögel, zugelassen.
Die Geschichte des Yorkshire
Der eigentliche Ursprung des Yorkshire ist, wie bei den meisten alten Rassen auch, heute nicht mehr sicher zu ergründen. Es ist allerdings erwiesen, dass in der englischen Grafschaft Yorkshire bereits sehr früh Landkanarien als Kreuzungsprodukt verschiedener Kanarienrassen gezüchtet wurden. Dieser frühe Typ war sehr schlank und zeigte einen sehr aufrechten Sitz. Dieser Sitzhaltung verdankt er bis heute den Beinamen „Gardist“ bzw. „Aristokrat“. Zu dieser Zeit sagte man scherzhaft, dass das Ideal erreicht ist, wenn er dünn genug ist, um durch einen Ehering zu passen.
Betrachtet man den heutigen „modernen“ Typ, so erinnert nicht mehr viel an die eigentlichen Ursprünge der Yorkshirezucht. Eine Standardänderung auf dem Kontinent führte 1964 dazu, dass gar zwei Yorkshire-Typen existierten. Zum einen wurde in Kontinentaleuropa ein etwas feiner wirkende Typ favorisiert.
Zum anderen favorisierten die Briten den etwas bulliger wirkenden Golding-Typ, mit größerem, runderem Kopf. Seit den neunziger Jahren wurden die feineren kontinentalen Yorkshire immer mehr vom „modernen Typ“, dem Roberts-Typ, verdrängt. Der noch voluminöser und kräftiger wirkende „moderne“ Typ, mit noch breiterem Oberkörper, wurde seitdem auf Spezialschauen häufig vorgezogen und kann heute als „etabliert“ bezeichnet werden. Obwohl offiziell kein Antrag zu einer Neuorientierung vorliegt, zeigt die Wahl der heutigen Siegervögel sowohl auf den britischen Inseln als auch dem Kontinent, dass der „moderne Typ“ als derzeitige Idealvorstellung bezeichnet werden kann.
Beschreibung und Merkmale der Rasse Yorkshire
Der Yorkshire ist in allen Kanarienfarben einschließlich der Schecken zugelassen. Er gehört zu den großen glattbefiederten Positurkanarienrassen und zeichnet sich insbesondere durch seine stattliche Haltung, seine Länge und seine spezielle Form, die mit etwas Vorstellungskraft an eine „Karotte“ erinnert, aus.
Obwohl aus dem Mutterland seitens des „Yorkshire Canary Club“ mit Sitz in Bradford vernommen wird, dass derzeit textliche bzw. zeichnerische Standardänderung geplant sind, hat es in der Vergangenheit eine Veränderung zumindest in Bezug auf das Standardbild gegeben. Allerdings lässt die Interpretation des derzeit gültigen Standardtextes die in dieser neuen Zeichnung stärker zum Ausdruck kommenden Merkmale durchaus zu. Einzig im Bereich des Nackens gibt eine deutlich erkennbare Neuausrichtung. Wurde bislang der Nacken immer ganz leicht eingefallen gezeichnet, zeigen heutige Topvögel jedoch einen leicht gewölbten Nacken.
Als wichtigste rassespezifische Merkmale sind die aufrechte Haltung sowie das vollkommen glatt anliegende Gefieder zu nennen. Aber auch die typische von den Schultern zum Kopf hin konisch verlaufende „Karottenform“, die bei einer geforderten Mindestgröße von 17 cm die rassetypische, lang gestreckte Form ergeben ist ein wichtiges Rassemerkmal. Hierbei sitzt der voluminöse, allseits gut gerundete Kopf mit fülligen Wangen auf dem breiten, fülligen Oberkörper. Der Übergang vom Kopf zum Körper ist übergangslos und zeigt keinerlei erkennbare Einschnürung.
Der Vogel sitzt aufrecht (in einem Winkel von ca. 80°). Er zeigt weder eine geduckte, Haltung, noch sitzt er zu aufrecht. Er zeigt eine „getragene“ Schwanzhaltung. Eine fallende Schwanzhaltung sowie der „Zaunkönigschwanz“ ist fehlerhaft.
Der Yorkshire hat recht lange Läufe, die Unterschenkel sind deutlich sichtbar und zu den Beinen hin leicht abgewinkelt.
Das Gefieder des Vogels ist seidig, dicht und liegt glatt am Körper an. Die Konturfedern sind nicht ausgesprochen lang, wie manchmal behauptet wird, denn dann würde die elegante Form nicht erreicht werden. Auch Überaugenwülste sind deshalb nicht erkennbar.
Es sind alle Kanarienfarben einschließlich der Schecken zugelassen. Auf eine gleichmäßige Gefiederausfärbung ist zu achten. Die im Mutterland England praktizierte Farbfütterung ist auch bei uns gängige Praxis, ist aber nicht zwingend. Eine zu hohe Verabreichung von Farbfutter verursacht ein „verbrennen“ des Gefieders. Es wirkt dann rau, verschlissen und zottig.
Weitere Erläuterungen finden Sie im aktuellen Standard für Positurkanarien.
Ausstellung
Nachdem sich der Yorkshire den Sommer über in einer geräumigen Flugvoliere vollständig entwickeln konnte und die Mauser gut überstanden hat, sollte man ihn rechtzeitig vor dem ersten Schautermin einzeln in eine geräumige Zuchtbox verbringen. Beschädigtes Großgefieder kann zu diesem Zeitpunkt noch problemlos entfernt werden. Es wird bis zur ersten Vogelschau wieder nachgewachsen sein. Auch können verlorene Deckfedern in Ruhe nachwachsen. Weiterhin sollte jeder Vogel zu diesem Zeitpunkt auch auf etwaigen Federling- bzw. Milbenbefall untersucht werden.
Es hat sich als sinnvoll erwiesen, die Schauvögel schon früh an den Schaukäfig zu gewöhnen. Wird ein Trainingskäfig von außen an die Absetzbox oder in die Voliere gehangen, zeigen die Schauvögel keinerlei Scheu. Als Anreiz reicht man ihnen hierin zusätzlich noch kleine Leckerbissen wie Apfel, Möhre oder Grünfutter. So verbinden die Vögel einen zeitweiligen Aufenthalt im Schaukäfig mit etwas Angenehmen. Die Vögel haben nun nur noch wenig Scheu und es stört sie nicht mehr, wenn man die Käfige zum Füttern in die Hand nimmt (Käfige immer unten anfassen!).
Haltung und Zucht der Yorkshire Kanarien
Außerhalb der Zuchtzeit sollte der Yorkshire in geräumigen Flugvolieren gehalten werden, denn ausreichende Bewegung hat positive Auswirkungen auf die Gesundheit, Entwicklung und Erholung der Vögel.
Zur Zucht wird der Yorkshire paarweise in großzügig bemessene Zuchtboxen gesetzt, die eine Mindestlänge von 80 cm und eine Breite und Höhe von je mindestens 50 cm haben. Die Sitzstangen sollten nicht zu hoch unter der Käfigdecke angebracht sein, damit das Männchen beim Begatten des Weibchens genügend Platz hat.
Wer ganz sicher gehen will, kann vor Zuchtbeginn das dichte Gefieder rund um die Kloake etwas einkürzen. So soll die Befruchtungsrate erhöht werden. Allerdings dürfen die Tastfedern rund um den Kloakenrand nicht gekürzt oder gar entfernt werden. Diese benötigen die Vögel, um den Tretakt „treffsicher“ ausführen zu können.
Zur Brut benötigt der Yorkshire kein größeres Nest als andere Kanarienrassen. Zu große Nester erweisen sich in der Praxis sogar als nachteilig, da das Nest hierin nicht fest genug gebaut wird und die Eier im zu lockeren Nistmaterial regelrecht verschwinden.
Wie bei allen Vögeln muss auch beim Yorkshire auf gute Elterneigenschaften geachtet und selektiert werden, denn zuweilen werden auch ihm, teilweise sehr zu Unrecht, schlechte Elterneigenschaften nachgesagt. Es lässt sich allerdings beobachten, dass junge Yorkshire insbesondere in den ersten Lebenstagen bei der Fütterung kreisend den Kopf bewegen. Gute Weibchen finden aber trotzdem zielsicher die Schnäbel der bettelnden Jungvögel.
Eine Lumpsbildung ist in der Yorkshirezucht seit Jahren kein Thema mehr. Da es genügend Intensivvögel gibt, bei denen die Fettfarbe bis in die Federspitzen eingelagert ist, sollte generell immer ein intensiver Yorkshire (Yellow) mit einem nicht intensiven Yorkshire (Buff) verpaart werden.
Bezüglich der erwünschten Federtextur kann in der Yorkshirezucht auf die verschiedenen Farben wie Schwarz, Braun und die sich hieraus ergebenden Schecken zurückgegriffen werden. Durch gezielten Einsatz dieser Farben (und Schecken) lässt sich die Federtextur in Richtung weichere Feder (Braun) und härtere Feder (Schwarz) beeinflussen.
Größte Beachtung sollte dem Verlauf der Mauser geschenkt werden. Wie alle großen Rassen sollten Yorkshire sehr sanft und langsam mausern. Eine zu schnelle Mauser, die durch zu schnelle Futterumstellung und zu stark wechselnde Lichtverhältnisse beim Umsetzten der Vögel begünstig wird, beeinflusst die Gefiederqualität sichtbar negativ. Im Normalfall dauert die komplette Mauser ca. 90 Tage.
Das Futter sollte in der Ruhephase nach der Mauser überwiegend kohlenhydrathaltig sein. Überhaupt muss darauf geachtet werden, dass ein höherer Anteil an mehlhaltigen Sämereien verfüttert wird, als es bei anderen Positurrassen oder Farbenkanarien üblich ist. Ein zu hoher Anteil an ölhaltigen Sämereien fördert die Neigung zur Verfettung. Auch ist die Fütterung eines guten Konditionsfutter (ca. 2-mal wöchentlich) zur Steigerung der Kondition des Yorkshire sinnvoll.
Zusätzlich sollte dem Yorkshire Leinsamen und/oder Leindottersamen separat angeboten werden. Diese Saaten begünstigen den Federaufbau durch ihren Gehalt an Aminosäuren und Omega-3-Fettsäuren. Weiterhin zeigen sie durch ihren Gehalt an Schleimstoffen positive Auswirkungen auf den Verdauungstrakt. Grünfutter bereitet den Yorkshire keinerlei Schwierigkeiten.
Wie bei allen Kanarienrassen sollte auf die Gabe von Multivitaminpräparaten das ganze Jahr über nicht verzichtet werden. Vitaminpräparate sind täglich frisch zuzubereiten, da diese bereits nach kurzer Zeit eine toxische Wirkung entwickeln.
Text: Thomas Müller, Uwe Feiter – überarbeitet von Norbert Schramm
Fotos: Dr. Hans Claßen, Thomas Müller
Fachgruppe im DKB
Im Deutschen Kanarien- und Vogelzüchterbund e.V. ist die Fachgruppe der Farben- und Positurkanarien für den Yorkshire zuständig.
Im Bereich der Sachkunde findet man Erstinformationen zur Kanarienhaltung.
Fragen zum Yorkshire
Wir haben auf dieser Seite das Wichtigste zum Yorkshire-Kanarienvogel aufgeführt. Bei weiteren Fragen kontaktieren Sie uns gern.
Weiterführende Literatur
Positurkanarienstandard des Deutschen Kanarien- und Vogelzüchterbund e.V. (Stand 2020), Loseblattsammlung
W. A. Blakston, W. Swaysland, A. F. Wiener: The Book of Canaries and Cage-Birds, British and Foreign. London, Paris, New York, 1880. Elektronische Ausgabe unter: https://www.biodiversitylibrary.org/item/101262#page/7/mode/1up
H. Claßen, W. Kolter: Die Positurkanarien. Eigenverlag Rheinmünster, 2005.
T. Müller, U. Feiter: Faszination Positurkanarien – eine Leidenschaft für’s Leben. Palm Druck & Verlag, Baesweiler, 2013.
N. Schramm: Kompendium-Kanarien, Band 3, Positurkanarien aus aller Welt. Books on Demand, Norderstedt, 2022.