Steckbrief des Llarguet Español
Der Llarguet Español ist eine große, schlanke und glatt befiederte Positurkanarienrasse aus Spanien. Sie ist in allen Kanarienfarben zugelassen und mindestens 17 cm groß.
Die Geschichte des Llarguet Español
Wie bei den meisten Kanarienrassen kennt man auch beim Llarguet Español nicht exakt das Entstehungsjahr bzw. den Entstehungszeitraum. Man geht allerdings davon aus, dass er bereits vor 1950 entstanden ist. Die Rasse entstand in den spanischen Provinzen Castellón und Valenciana, wobei sich zu Beginn wohl maßgeblich in Castelló um die Entwicklung dieser Rasse bemüht wurde.
Zu Beginn der Entstehung und noch während einer ziemlich langen Periode danach hatte diese Rasse keine konkreten und besonders definierten Rassemerkmale. Um die Vögel in Bezug auf eine eigenständige Rasse zu kommerzialisieren, hat man dann später versucht durch Selektion besondere Rassemerkmale zu erzüchten. Insbesondere die lang gestreckte, schlanke, zierliche und figurbetonte Form sowie die langen Beine charakterisieren heute den Llarguet Español.
Den letzten Schliff erhielt die Rasse durch Einkreuzung von im spanischen Sevillia beheimateten Finos Sevillianos. Allerdings wurden nur Exemplare eingekreuzt, die nur wenig Frisuren zeigten. Durch den Einsatz dieser Vögel konnte insbesondere in Bezug auf die lang gestreckten Beine eine Verbesserung erzielt werden. Weiterhin wurden Vögel von den Kanarischen Inseln von nicht genauer definierten Rassen eingekreuzt. Diese Einkreuzungen dienten lediglich der Verbesserung der gewünschten Länge. Auch erhielt man hierdurch wesentlich schlankere Vögel, was dem gewünschten Rasseideal sehr entgegenkam.
Ein Liebhaber der ersten Stunde war der spanische Preisrichter für Farbenkanarien D. Juan Bautista Monotolin Aymerich, der diese Rasse bereits um 1950 regional verbreitete und unter den in den Anfangsjahren verbreiteten Namen „Bayos“ und Camalluts“ bekannt machte. Diese Namen bedeuten im valenzianischen Dialekt so viel wie „lange Beine“.
Obwohl diese Rasse wegen ihrer Eleganz und Schönheit, ihres harmonischen Gesangs und der guten Elterneigenschaften anfangs sehr beliebt war, schrumpfte der Bestand in Laufe der Zeit erheblich. Erst als die Brüder Luis und Fernando Bellversich Anfang der achtziger Jahre des 20. Jahrhunderts dieser Rasse widmeten und sich mit den Erbanlagen dieser Rasse intensiv beschäftigten, blühte die Zucht wieder auf und die Anzahl guter Rassevertreter stieg wieder stetig an. Es glückte, durch strenge Selektion die charakteristischen Eigenschaften dieser anmutigen Rasse nachhaltig zu festigen.
Es waren auch die Brüder Bellver, die diese Rasse erstmalig 1994 auf der spanischen Meisterschaft „COE“ in Dénia unter dem Namen „Larguillos“ ausstellten. Nach weiteren nationalen Vorstellungen in Alicante (1995) und Reinosa (1996) folgte die nationale Anerkennung.
Erstmalig auf einer Weltschau wurde die Rasse im Jahr 2000 in Alicante präsentiert. Weitere Vorstellungen erfolgten 2001 in Oporto (Portugal), 2002 in Ieper (Belgien) und 2003 bei der Weltschau in Amiens (Frankreich). Mit dem Engagement des Paten dieser Rasse für die COM-Vorstellung, dem aus Menorca stammende spanische Positurkanarien-Preisrichter D. Juan Molls Camps, gelang in diesem Jahr dann auch die internationale Anerkennung der Rasse „Llarguet Español“.
Beschreibung und Merkmale der Rasse
Der Llarguet Español gehört zu den großen, glatten Positurkanarienrassen, für den eine aufrechte Haltung von ca. 60° zur Sitzstangenebene gefordert wird. Er unterscheidet sich in seiner Anatomie deutlich von allen anderen großen, glatten Rassen durch Merkmale, die bereits aus seiner Namensgebung hervorgehen. „Llarguet“ wegen seiner lang gestreckten, schlanken, zierlichen und figurbetonten Form und seiner Größe von mindestens 17 cm.
Rücken und Brust sind schmal und zeigen keinerlei Rundungen. Der schmale Hals ist nicht zu lang und setzt sich gut vom Körper ab. Der Kopf ist klein und oval mit kegelförmigem, gut proportioniertem Schnabel.
Auch in Bezug auf seine lang gestreckten Beine ist der Namensteil „Llarguet“ zutreffend. Diese sind leicht gewinkelt, um die geforderte Haltung einnehmen zu können. Die Unterschenkel des Llarguet Español sind sichtbar.
Der Llarguet Español trägt ein kurzes Deckgefieder. Das Großgefieder hingegen ist eher lang. Das Schwanzende ist leicht eingekerbt und zeigt die Ausbildung eines für diese Rasse charakteristischen „M“.
Der Namensbestandteil „Español“ verweist auf sein Herkunftsland Spanien. Fast zeitgleich wurde in Deutschland an der Entwicklung einer im weitesten Sinne sehr ähnlichen Rasse, dem „Bayernpfeil“, gearbeitet. Die Entwicklung dieser Rasse wurde allerdings im Zuge der internationalen Anerkennung des Llarguet Español eingestellt.
Weitere Erläuterungen finden Sie im aktuellen Standard für Positurkanarien.
Der Llarguet Español auf Ausstellungen
Nachdem sich der Llarguet Español den Sommer über in einer geräumigen Flugvoliere vollständig entwickeln konnte und die Mauser gut überstanden hat, sollte man ihn mindestens 6 Wochen vor dem ersten Schautermin einzeln in eine Zuchtbox verbringen. Beschädigtes Großgefieder kann zu diesem Zeitpunkt noch problemlos entfernt werden. Es wird bis zur ersten Vogelschau wieder nachgewachsen sein. Auch können verlorene Deckfedern in Ruhe nachwachsen.
Weiterhin sollte jeder Vogel zu diesem Zeitpunkt auch auf etwaigen Federling-bzw. Milbenbefall untersucht werden.
Trotz des in Publikationen häufig beschriebenen ruhigen Charakters darf auch dem Llarguet Español das Schautraining nicht fehlen. Der vorgesehene Ausstellungskäfig ist der Kuppelkäfig, an den die Schauvögel im Rahmen der Schauvorbereitung behutsam gewöhnt werden sollten.
Haltung und Zucht des Llarguet Español
Außerhalb der Zuchtzeit ist der Llarguet Español zur Haltung in geräumigen Flugvolieren geeignet, was eine positive Auswirkung auf seine Entwicklung hat.
Wie alle großen Rassen sollten auch zur Zucht des Llarguet Español ausreichend große Zuchtboxen mit einer Mindestlänge von 80 cm und eine Breite und Höhe von je mindestens 50 cm zur Verfügung stehen. Die Sitzstangen sollten im Hinblick auf das Befruchtungsergebnis nicht zu hoch angebracht sein, um dem Hahn beim Begatten des Weibchens genügend Platz zu verschaffen.
Lange und spitze Krallen sollten vor Zuchtbeginn stumpf geschnitten werden, um Beschädigungen der Gelege vorzubeugen.
In Bezug auf das geforderte kurze Gefieder sollte stets ein intensiver Vogel mit einem nichtintensiven Vogel verpaart werden. Auch auf die geforderte kleine, ovale Kopfform muss bei der Auswahl der Zuchttiere besonders achtgegeben werden. Für die Zucht gänzlich ungeeignet sind Rassevertreter mit zu großen, runden oder gar wuchtigen Köpfen.
Wie bei allen Positurkanarien ist die geforderte Haltung genetisch bedingt, also angeboren. Daher macht eine Selektion auf die geforderte aufrechte Haltung Sinn.
Ein besonderes Training in Bezug auf die Haltung ist nicht erforderlich. Unterstrichen wird die Haltung allerdings durch die langen, nur leicht gewinkelten Beine und die sichtbaren Schenkeln. Daher ist auch auf dieses Kriterium bei der Auswahl der Zuchtvögel besonders Wert zu legen.
Text: Thomas Müller, Uwe Feiter – aktualisiert durch Norbert Schramm
Fachgruppe im DKB
Für den Llarguet Español ist im Deutschen Kanarien- und Vogelzüchterbund e.V. die Fachgruppe der Farben- und Positurkanarien zuständig. Auch die Interessengemeinschaft Raza Española betreut die Züchter des Llarguet Español.
Im Bereich der Sachkunde findet man Erstinformationen zur Kanarienhaltung.
Fragen zum Llarguet Español
Fragen zum Llarguet Español haben wir in Unterartikeln aufgelistet und hier aufgeführt.
Bei weiteren Fragen kontaktieren Sie uns gern.
Quellen und Literaturangaben
Federación Ornitológica de la Comunidad Valenciana (F.O.C.V.A.) Unter: www.focva.es/llarguet/historia-del-llarguet/
Club del Llarguet. Unter: https://www.clubllarguet.com/
Interessengemeinschaft Raza Española. Unter: http://www.ig-raza-espanola.de
Positurkanarienstandard des Deutschen Kanarien- und Vogelzüchterbund e.V. (Stand 2020), Loseblattsammlung
Schulungsunterlage zum Llarguet Español siehe hier
H. Claßen, W. Kolter: Die Positurkanarien. Eigenverlag Rheinmünster, 2005.
T. Müller, U. Feiter: Faszination Positurkanarien – eine Leidenschaft für’s Leben. Palm Druck & Verlag, Baesweiler, 2013.
N. Schramm: Kompendium-Kanarien, Band 3, Positurkanarien aus aller Welt. Books on Demand, Norderstedt, 2022.
