Gloster Fancy Corona
Gloster Fancy Corona Melanin nichtintensiv

Kurzinfo zum Gloster Fancy

Der Gloster Fancy ist eine kleine, englische, glatt befiederte Kanarienrasse mit runder Haube, die deshalb oft „Beatle“ genannt werden.

Die Vögel mit Haube werden als „Corona“ bezeichnet, Gloster ohne Haube als „Consort“. Gloster Fancies sind in allen Kanarienfarben zugelassen, außer in Rot.

Der Gloster erobert mit seinem verspielten, lebhaften und erfrischendem Wesen in kürzester Zeit die Herzen der Züchter und ist heute eine der am häufigsten gezüchteten und ausgestellten Positurkanarienrassen. Er bringt sowohl dem Anfänger als auch dem fortgeschrittenen Züchter eine Menge Freude am Hobby der Vogelhaltung und Vogelzucht.

Inhaltsverzeichnis

Historie des Gloster

Wenn wir die Ursprünge des Gloster Fancy aufspüren wollen, müssen wir bis in die 1920er Jahre zurückgehen. Im Badeort Cheltenham (englische Grafschaft Gloucestershire) lebte eine wohlhabende Landbesitzerin, Mrs. L. ROGERSON. Sie hatte eine besondere Vorliebe für kleine, verspielte Dinge und beschäftigte sich u. a. mit der Zucht und Pflege von Bonsaibäumen. Außerdem hielt sie viele kleinwüchsige Vogelarten in ihren Volieren.

Während des Ersten Weltkrieges hatte sie die Idee, eine neue, möglichst kleine Kanarienvogelrasse zu züchten. Ihre Inspiration bekam sie von den Kanarien des Mr. LUKE, der seine Züchtung „Cornubian“ (abgeleitet von „Cornubia“, der mittellateinische Name für die englische Grafschaft Cornwall) nannte. Diese erzüchtete er aus sehr kleinen Border Fancies, aber er kam züchterisch kaum voran und diese Vögel starben bald aus.

Mrs. Rogerson kaufte kleine Hauben-Norwich – wie sie damals noch genannt wurden – und verpaarte diese mit den kleinsten Border Fancy, die sie bekommen konnte (nach Mr. J. H. MADAGAN – ein hochgeschätzter Borderzüchter aus Cheltenham – sollen es gehäubte Rollerkanarien gewesen sein). Trotz einiger Rückschläge experimentierte sie viele Jahre weiter. Zeitgleich arbeitete auch JOHN MCLAY, ein damals bekannter Crest-Züchter und Preisrichter aus Schottland, an der Herauszüchtung einer kleinen Haubenrasse. Er verpaarte kleine Crests mit den kleinsten Border, um sein gesetztes Ziel zu erreichen.

Im Jahr 1925 war die Zeit endlich gekommen. Mrs. Rogerson hatte ihr Idealbild der neuen Rasse erreicht und ging mit zwei Haubenvögeln zur Crystal-Palace-Show. Mr. ALBERT WILLIAM SMITH aus London, der Organisator dieser Show, war sofort von den kleinen Haubenvögeln begeistert. Er erkannte den ursprünglichen Stamm von Mrs. Rogerson als eine neue, einzigartige und eigenständige Rasse an. Er machte Mrs. Rogerson und Mr. McLay miteinander bekannt und sorgte dafür, dass beide ihre Bemühungen forcierten und Zuchtvögel austauschten.

Smith war es auch, der dieser neuen Rasse den Namen „Gloster Fancy“ gab (nach der Grafschaft Gloucestershire) und prägte die Begriffe Corona und Consort. Darüber hinaus stellte er die Standardanforderungen für diese neue Rasse mit den dazugehörigen Zeich-nungen auf. 1932 wurde er zum Präsidenten des „Gloster Fancy Canary Club“ (GFCC) gewählt. Im selben Jahr wurde ein erstes Regelwerk an Mitglieder ausgegeben. Die erste Ausstellung des GFCC mit 41 Ausstellern fand am 4. und 5. November 1936 in der Drill Hall von Cheltenham, statt.

Während der Jahre des Zweiten Weltkrieges kam die Kanarienzucht fast ganz zum Erliegen. In dieser Zeit bemühte sich Mr. WIDDOWS diese Rasse für die Zukunft zu erhalten und war für die Neugründung des Gloster Fancy Canary Club verantwortlich. VERA und FRED BRYANT verhalfen ab 1946 dem Gloster zu neuem Aufschwung und machten ihn zu dem beliebten Kanarienvogel, der er heute ist.

Seit 1966 ist die „International Gloster Breeders Association“ (IGBA) die wichtigste In-stanz, wenn es um Gloster geht. Sie legt die Standardanforderungen fest, die ein Gloster zu erfüllen hat, ernennt Preisrichter und organisiert ihre eigene jährliche Glostershow in Nuneaton (in der Grafschaft Warwickshire in Mittelengland).

Entwicklung der Gloster
Standardzeichnungen des Gloster im Wandel der Zeiten

Im Laufe der Jahrzehnte ist auch der Gloster Fancy von den Züchtern immer weiterentwickelt worden. Die Standardanforderungen mussten immer wieder angepasst werden und so ist aus dem relativ schlanken Haubenvogel der 1930er Jahre ein kleiner, gedrungener und runder Vogel („chubby“) geworden, der nichts mehr mit dem ursprünglichen „Miniatur-Crest“ gemein hat.

Die Rassemerkmale des Gloster

Der Gloster Fancy ist eine kleine glattbefiederte Haubenkanarienrasse aus England. Die Haubenvögel werden als „Gloster Corona“, die zur Zucht notwendigen Vögel ohne Haube als „Gloster Consort“ bezeichnet.

Größe: Über viele Jahrzehnte war die Größe des Gloster mit nicht mehr als 4 ¾ Inch (= 12 cm) angegeben, denn er sollte gegenüber anderen Rassen ein kleiner Vogel sein. Es wurde immer die Tendenz zur Kleinheit hervorgehoben.

Züchterisch war und ist es eine Herausforderung, einen perfekten kurzen Körper und runden Kopf mit einer geringen Größe zu kombinieren. Vögel mit einem sehr guten Körper sind oft zu groß; den kleinen kurzen Vögeln mangelt es oft an Körpervolumen. In England, dem Mutterland des Glosters, wird auf den perfekten Körper ein größerer Wert gelegt als auf dem Festland. Der IGBA verzichtet auf eine exakte Größenangabe und gibt nur eine Tendenz zur Kleinheit vor (Tendency to the diminutive). Der C.O.M.-Standard schreibt heute eine Größe von 11 cm vor und untermauert diese Forderung mit einer Maximalpunktzahl von 20 Punkten. Damit stellt er die Wertigkeit der Größe gleich mit der Wertigkeit von Körper und Kopf bzw. Haube.

Haube (Corona): Die Haube ist von oben betrachtet rund und steht damit im Gegensatz zur Deutschen Haube. Wie fast alle Federhauben der Kanarienvögel entspringen die Kopffedern aus einem kleinen Mittelpunkt, der möglichst genau in der Mitte des Scheitels liegt. Von diesem Mittelpunkt aus fallen die langen weichen Federn gleichmäßig nach allen Seiten herab. Am Hinterkopf gehen die Haubenfedern ohne erkennbaren Übergang in das Nackengefieder über. Die Haubenfedern dürfen – trotz ihrer Üppigkeit – maximal das halbe Auge bedecken und damit die Sicht nicht vollständig behindern. Die Haubenfedern reichen maximal bis zur Schnabelspitze. Damit die Haube optimal ausgebildet werden kann, bedarf es einer entsprechenden Kopfform.

Gloster Fancy Coronastudien
Kopfstudien Corona - links: kreisrunde Haube; Mitte: kreisrunde Haube, aber mit einem Scheitel statt Mittelpunkt; rechts: die etwas groben Federn verdecken die Augen leider fast vollständig

Kopf (Consort): Der Glattkopfvogel hat einen breiten, fülligen Kopf mit gut gefüllten Wangen. Von oben betrachtet ist der Kopf rund. Über den Augen bilden die langen Kopffedern Überaugenwülste, die oft fälschlich als „Augenbrauen“ bezeichnet werden. Diese Überaugenwülste dürfen nicht überbetont sein und in die Augen fallen, sondern hinter den Augen in das seitliche Kopfgefieder übergehen.

Körper: Der Körper ist breit, kurz, kompakt und gedrungen. Von der Kehle beginnend, über Brust und Bauch bis zur Kloake ist der Körper harmonisch gerundet. Eine Halseinschnürung soll nicht erkennbar sein. Fehlerhaft wäre ein „Fettbrust“, die die Harmonie der Brust-Bauch-Linie empfindlich stören würde. Der breite Rücken ist leicht gewölbt und hat im Nacken keine Einschnürung. Die Flügel liegen eng am Körper an, werden nicht hängend getragen und überkreuzen sich nicht.

Gefieder: Das feine Gefieder des Gloster ist voluminös und muss straff und fest am Körper anliegen, damit die Körperkonturen deutlich hervorgehoben werden können. Loses Gefieder am Unterbauch oder Gefiederscheitelungen sind schwere Fehler.

Die Gefiederfarbe spielt bei dieser Positurkanarienrasse keine Rolle. Es sind alle Melaninfarben (klassische und nichtklassische) zugelassen. Das Melanin kann am gesamten Körper auftreten (Melaninvögel), nur bestimmte Federpartien besiedeln (Schecken) oder ganz ausfallen (aufgehellte Vögel). Manche Züchter finden Gefallen an anderen Melaninfarben und haben mit Achat, Isabell, Opal u. a. experimentiert. Da diese Farben meist durch Farbenkanarien eingekreuzt wurden, entspricht die Körperform der Nachkommen oft nicht den Standardanforderungen

Kopfstudien Consort
Kopfstudien Consort - links: gute runde Kopfform aber mit zu wenig Kopfvolumen; Mitte: breiter Kopf mit ausgeprägten Überaugenwülsten, die seitlich in die Kopffedern übergehen; rechts: breiter runder Kopf mit grenzwertigen Überaugenwülsten

Schwanz: Der Schwanz ist schmal und geschlossen und zeigt nur eine geringe Einkerbung am Schwanzende. Er muss deutlich kürzer sein, als man es von Farbenkanarien oder Deutsche Haube kennt. Der Schwanz bildet mit der Rückenpartie eine gerade Linie.

Beine: Der Gloster soll feingeschuppte zierliche Läufe und Zehen besitzen. Die Läufe sind relativ kurz und die Unterschenkel sind nicht sichtbar, da sie in der Umrisslinie des Körpers eingebettet sind.

Kondition: Der Ausstellungsvogel bewegt sich in seinem Schaukäfig ohne Scheu, ruhig, aber aufmerksam. Der Vogel ist sauber, gut gepflegt und präsentiert sich in einem hervorragenden Gesundheitszustand.

Die Merkmale des Gloster Fancy
Die Merkmale des Gloster Fancy
Gloster Corona Melanin Achat
Gloster Corona Melanin Achat

Weitere Erläuterungen finden Sie im aktuellen Standard für Positurkanarien.

Haltung, Pflege und Zucht des Gloster Fancy

An die Haltung und Fütterung stellt der Gloster keine anderen Ansprüche als andere Positur- oder Farbenkanarien.

Vor dem Zuchtbeginn sollte den Elternvögeln das üppige Gefieder rund um die Kloake beschnitten werden, um eine gute Befruchtungsrate zu gewährleisten. Dabei dürfen die Federn direkt an der Kloakenöffnung bei beiden Geschlechtern nicht beschädigt werden. Diese „Tastfedern“ sind Voraussetzung für den erfolgreichen Tretakt.

Der Gloster besitzt außerordentlich gute Elterneigenschaften, brütet fest und zieht die Jungvögel zuverlässig auf. Deshalb wird er oft als „Anfängervogel“ bezeichnet. Für die Pflege und Aufzucht ist das durchaus zutreffend. Um gute Schauvögel zu züchten ist es aber keineswegs ein einfacher Vogel, da viel beachtet werden muss, um als Züchter im Schauwettbewerb dauerhaft bestehen zu können.

Ein wichtiger Grundsatz ist: Beide Partner müssen gemeinsam alle Vorzüge eines guten Glosters besitzen! Hat der eine Partner geringe Mängel in der Form, muss der andere Partner eine hervorragende Gestalt besitzen; ist der eine Partner zu groß, muss der andere Partner möglichst klein sein usw. Dieser Grundsatz gilt auch für die Federtextur, die möglichst gegensätzlich sein sollte. Nur dann vermeidet man loses, herabhängendes Gefieder oder gar Lumps.

Gloster Consort gescheckt intensiv
Gloster Consort gescheckt intensiv

Der ständige Einsatz von nichtintensiven Vögeln birgt die Gefahr, dass die Vögel zu groß werden. Dann ist der Einsatz von intensiven Glostern sehr vorteilhaft. Kann man nicht auf intensive Vögel zurückgreifen, muss bei einer Verpaarung zweier nichtintensiven Vögel die Federtextur beider Partner genauestens beachtet werden, da es ansonsten schnell zu einem lockeren, herabhängenden Gefieder oder gar zu Lumps führen kann.

Gloster Consort Melanin Braun
Gloster Consort Melanin Braun

Braune Gloster („Cinnamon“) haben oft eine feinere, seidigere Federtextur, vor allem wenn genügend Phaeomelanin in der Feder eingelagert ist. Solche Vögel können zur Verbesserung der Federstruktur positiv beitragen. Bei vielen Vogelfreunden sind gänzlich aufgehellte Gloster, teilweise nur mit einer dunklen Haube versehen, sehr beliebt. Eine häufige Verpaarung aufgehellter Vögel untereinander kann jedoch zu einem weniger straffen Gefieder führen. Deshalb sollte ab und zu ein Melanin- oder ein Scheckvogel eingekreuzt werden.

Gloster Corona Melanin nichtintensiv
Gloster Corona Melanin nichtintensiv
Gloster Consort weißgrundig
Gloster Consort Melanin weißgrundig

Ein weiterer wichtiger Grundsatz ist: Ein Zuchtvogel mit groben Mängeln darf nicht in die Zucht eingebaut werden. Das wären zu große und/oder zu schlanke Vögel und Vögel mit Haubenfehlern (kein zentraler Mittelpunkt, Spalthauben, Scheitelhauben usw.). Diese Mängel vererben sich leider schnell und können dann züchterisch nur schwer korrigiert werden.

Der Vollständigkeit sei angeführt, dass auch für die Haubenrasse Gloster die Regeln der Haubenvererbung gelten. Also bitte niemals zwei Corona-Vögel miteinander verpaaren! Die Verpaarung zweier Consort-Vögel ist jedoch möglich, wenn auch wenig zielführend, da der Gloster eine Haubenrasse ist.

Text: Norbert Schramm (Auszug aus seinem Kompendium-Kanarien, Band 3)

Fachgruppe im DKB

Für den Gloster Fancy ist im Deutschen Kanarien- und Vogelzüchterbund e.V. die Fachgruppe der Farben- und Positurkanarien zuständig.

Im Bereich der Sachkunde findet man Erstinformationen zur Kanarienhaltung.

Fragen zum Gloster Fancy

Fragen zum Gloster Fancy haben wir in Unterartikeln aufgelistet und hier aufgeführt.
Bei weiteren Fragen kontaktieren Sie uns gern.

Quellen und Literaturangaben

N. Wallace: The Origin of the Gloster Fancy Canary. Cage and Aviary Birds. 21st May 1970. Unter: http://igba.co.uk/origins-of-the-gloster/4578327662 [Stand 16.04.2023]

Positurkanarienstandard des Deutschen Kanarien- und Vogelzüchterbundes e.V. (Stand 2020), Loseblattsammlung

H. Claßen, W. Kolter: Die Positurkanarien. Eigenverlag Rheinmünster, 2005.

T. Müller, U. Feiter: Faszination Positurkanarien – eine Leidenschaft für’s Leben. Palm Druck & Verlag, Baesweiler, 2013.

N. Schramm: Kompendium-Kanarien, Band 3, Positurkanarien aus aller Welt. Books on Demand, Norderstedt, 2022.

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