Gibber Italicus Melanin
Gibber Italicus gelbgrundig Melanin

Steckbrief des Gibber Italicus

Der Gibber Italicus ist eine frisierte Figurenkanarienrasse aus Italien. Aufgrund seiner zeitweiligen Arbeitshaltung und des dünnen Gefieders ist diese Rasse – beispielgebend für ähnliche Rassen – Gegenstand von Anfeindungen bis hin zu Unterstellung einer Qualzucht.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte des Gibber Italicus

Es war im Februar 1951, als auf der internationalen Ausstellung in Brüssel von Frau Maria Giamminola aus Como (Stadt in der Lombardei/Italien) der „italienische frisierte Bossu“ vorgestellt wurde und als neue italienische Rasse die Anerkennung der italienischen Ornithologenvereinigung erhielt. Diese Anerkennung war damals der vorerst letzte Schritt eines langen Abenteuers, das in den ersten Jahren des letzten Jahrhunderts begann.

In den südlichen Regionen Frankreichs, Spaniens und Italiens wurden um die Wende zum 20. Jahrhundert frisierte Kanarienvögel gezüchtet, die von den „Südholländern“ abstammten. Diese Vögel wurden oft auch als „frisierte Bossu“ bezeichnet, da sie eine gebogene Haltung einnahmen. Je nach Region unterschieden sie sich durch ihre Größe, ihre Haltung und ihre Frisuren.

Einige neapolitanische Züchter, wie Cavaliere Cerlino, Rechtsanwalt Casilli und Pater Solimene, haben in den Jahren zwischen 1920 und 1930, aber wahrscheinlich schon früher, mit der Herausbildung dieser Rasse begonnen und auch mit einigen Schwierigkeiten zu kämpfen gehabt. So verlor Pater Solimene, Mönch und Rektor der Kirche Santa Maria Caponapoli, sein Amt als Rektor, weil er nach Marseille gefahren war, um einige Vögel zu kaufen.

Gibber Italicus gelbgrundig gescheckt
Gibber Italicus gelbgrundig gescheckt

Die Begeisterung für diese Vögel kommt in der Zeitschrift „Il Canario“ vom Juni/Juli 1941 deutlich zum Ausdruck, in der es heißt: „In Italien wird ein Typ des Bossù Arricciato selektiert, der am charakteristischsten und schönsten ist. Die italienischen Züchter, die in dieser Art der Selektion, die die meisten Kanarienvogelzüchter, besonders in Nord- und Süditalien, erobert hat, leidenschaftlich und geschult sind, haben sich von jenem feinen künstlerischen Gefühl leiten lassen, dass unser Volk auf dem Gebiet der Kunst auszeichnet…“ Auch eine erste Beschreibung der Rasse ist in diesem Artikel zu lesen.

Das faschistische Italien, das kurz vor dem Krieg stand, förderte alles „Italienische“, auch eine neue Kanarienvogelrasse. Diese Förderung war jedoch nur von kurzer Dauer, denn auch die Vögel von Cerlino und Casilli gingen im Zweiten Weltkrieg verloren. Glücklicherweise konnten ein paar wenige Zuchten nach dem Krieg fortgeführt werden. Der Arzt Giacomo Ciampa in Castellammare di Stabia (Kampanien) war der Einzige, der noch Gibber erwerben konnte, die aus den Zuchtbeständen von Sodo, Cerlino, Casilli und Solimene stammten.

Durch eine geduldige und methodische Selektionsarbeit gelang es vor allem Donna Maria Giamminola – neben einer Vielzahl anderer Züchter – kleinere, schlankere Kanarienvögel zu züchten, die aber die Hauptmerkmale wie Haltung, langer und dünner Hals, schlangenförmiger Kopf und die weniger betonten Frisuren beibehielten. Kurz gesagt, kleine, schlanke und elegante Kanarienvögel, der von Della Rovere als „Windhunde unter den Kanarienvögeln“ bezeichnet wurde.

Die Società Ornitologica Italiana (S.O.R.) und die neugegründete Federazione Ornicoltori Italiani (F.O.I.) ermutigten und unterstützten Maria Giamminola und ermöglichten ihr ihre Anwesenheit auf der internationalen Ausstellung in Belgien. Maria Giamminola sah die Chance auf eine offizielle Anerkennung und beschloss, auf eigene Kosten drei ihrer Kanarienvögel auf der internationalen Ausstellung in Brüssel im Februar 1951 auszustellen. An ihren Käfigen befestigte sie grün-weiß-rote Bänder, die mit typisch weiblicher Anmut die erste italienische Rasse begrüßten.

Gibber Italicus aufgehellt Gelb
Gibber Italicus aufgehellt Gelb

Nun musste ein Name gefunden werden, der die italienische Herkunft der Rasse unter-streicht. Frau Giamminola wollte sie „Larianello“ zu Ehren von Como (ihrer Geburtsstadt) nennen; einige andere Züchter schlugen „Como“ oder „Lario“ aus den gleichen Gründen vor. Jemand schlug „Cerlino“ oder „Napoli“ vor, zu Ehren der historischen neapolitanischen Züchter des ersten italienischen Lockenbossù. Aber es war auch notwendig, alle anderen Züchter zu ehren, die sich für die Verbreitung dieser Rasse eingesetzt hatten, und gleichzeitig Frau Giamminola die Ehre zu erweisen, die Einzige gewesen zu sein, die sich um die offizielle Anerkennung bemüht hatte. Unter den verschiedenen Namen wie „Gobbuto Italiano“, „Italicus“ und „Septem Italicus“ wurde schließlich der Name „Gibber Italicus“ gewählt, der für die ganze Nation am repräsentativsten ist.

Der neue Gibber läutete eine neue Ära ein und leitete das Ende der „gelockten Bossù“ ein, die zu sehr vom Standard der neuen Rasse abwichen. Auch heute noch finden wir die besten Gibber in Süditalien und insbesondere in Kampanien, Apulien und Sizilien, auch wenn in den letzten Jahren einige Züchtungen in Mittel- und Norditalien sehr hochwertige Tiere hervorgebracht haben.

In Deutschland hat die Rasse keine größere Verbreitung gefunden und nur wenige Züchter beschäftigen sich dauerhaft mit der Zucht von Gibber Italicus. Ein Grund dafür sind die in den Medien geäußerten Vorurteile gegen diese Rasse, die letztendlich zu Sanktionen im Ausstellungswesen führten.

Die Rassemerkmale des Gibber

Der Gibber Italicus ist eine Frisé-Figurenrasse, die in Italien entstand. Er ist in allen Kanarienfarben, einschließlich der Schecken, zugelassen.

Haltung (posizione): In allen Standards wird die Arbeitshaltung mit einer „7“ verglichen. Das ist jedoch nicht exakt, da Rücken und Schwanz eine gerade senkrechte Linie bilden sollen. Eine „7“ – gleichgültig mit welchem Schriftbild – hat jedoch keinen senkrechten Strich. Bei einer Haltung, die einer 7 entsprechen würde, müsste der Schwanz unter die Sitzstange gezogen werden, was jedoch nicht erwünscht ist. Kopf und Hals werden in der Arbeitshaltung in einem Winkel von etwa 90 Grad möglichst weit nach vorn gestreckt, dabei sollen der Kopf und Nacken etwas unter den Schultern getragen werden.

Kopf und Hals (testa, collo): Der Kopf ist möglichst klein und abgeflacht und ähnelt so einem Schlangenkopf. Der Hals muss so lang wie möglich sein (3,5 bis 4 cm) und in einem leichten Bogen nach vorn-unten gestreckt werden. Kopf und Hals sind glatt befiedert. Der Schnabel ist klein.

Rückenfrisur (mantello): Auch der Mantel ist nicht so üppig wie bei anderen Frisé-Kanarien. Die Frisur muss symmetrisch nach beiden Seiten auf beide Flügel fallen und darf nicht zu hoch angesetzt sein.

Brustfrisur (jabot): Die kurzen Federn des Jabots streben zwar von beiden Körperseiten kommaförmig zueinander, können sich aber nicht berühren. Infolgedessen ist der obere Teil der Brust nur mit kurzen, kleinen Federn bedeckt, der das Brustbeins (Sternum) durchscheinen lässt.

Flankenfrisur (fianchi): Aufgrund des insgesamt sehr kurzen Gefieders sind die seitlichen Flanken- oder Stützfedern ebenfalls wesentlich kürzer als z. B. beim Frisé du Sud. Die Flankenfedern sind beidseitig gleich groß ausgebildet und streben nach oben zu den Schultern, ohne diese jedoch zu erreichen.

Größe (taglia): Die Gesamtlänge des Gibber Italicus soll 14 bis 15 cm betragen. In der Arbeitshaltung mit abgewinkelt getragenem Hals und Kopf wirkt der Vogel kleiner, als er tatsächlich ist.

Die Merkmale des Gibber Italicus
Die Merkmale des Gibber Italicus

Beine (gambe): Die Läufe sind lang und stehen so senkrecht wie möglich mit einem kleinen Winkel zum Intertarsalgelenk. Ein Durchdrücken dieses Gelenkes nach vorn ist unbedingt zu vermeiden! Die Fußwurzel steht ohne einen Winkel zum Intertarsalgelenk.

Die langen, sichtbaren Unterschenkel zeigen an der Vorderseite einen leichten kurzen Flaum und sind ansonsten mit kleinen, kurzen Federn bedeckt. Wenn hier nachgeholfen wurde, d. h. die vorhandene Schenkelbefiederung entfernt wurde, ist dieses sehr oft schnell zu erkennen. Hier ist meist nur die nackte Haut sichtbar und wird bei Bewertungen mit Punktabzug geahndet.

Gefieder (plumage): Die Federn des Gefieders sind sehr kurz und bedecken den Körper an Brust und Unterschenkel nicht vollständig. Diese Stellen sind mit kleinen, kurzen, flaumartigen Federn bedeckt. Der Unterkörper, Hals und Kopf sind glatt befiedert und dürfen keine Frisuren haben.

Es ist eine Fehlinterpretation des Wortlautes im Standard, in dem es heißt, dass nur intensive Gibber ausgestellt werden dürfen. Richtig ist, dass das Gefieder kurz sein muss, unabhängig davon, ob es sich um intensive oder nichtintensive Vögel handelt.

Flügel (ali): Die Flügel sind lang, gut geschlossen und liegen eng am Körper an.

Schwanz (coda): Gerade, schmal, geschlossen und vollständig.

Kondition (condizione): Der Vogel ist sauber, in ausgezeichnetem Gesundheitszustand und zeigt sich in guter Kondition und Käfiggewöhnung.

Haltung und Zucht des Gibber

Die Unterbringung und Ernährung des Gibber entspricht in allen Belangen dem Frisé du Sud. Wichtig ist, dass die Vögel vor Nässe und Zugluft geschützt werden müssen. Aufgrund des kurzen Federkleides sollten sie nicht dauerhaft unter 15° C gehalten werden.

So skurril sie auf den ersten Blick für den Betrachter erscheinen mögen, so vital und voller Temperament ist der Gibber. Es ist eine zarte und zierliche Rasse, die in der Haltung und Zucht viel Fingerspitzengefühl, Erfahrung und Geduld der Züchter benötigt. Es ist keine Rasse für den Anfänger in der Positurkanarienzucht.

Gibber Italicus aufgehellt Weiß

Es ist ein Trugschluss, dass der Gibber Italicus nur deshalb entstand, weil man immer nur intensive Vögel miteinander verpaarte. Dieses Zuchtverfahren hätte nach kurzer Zeit Nachkommen hervorgebracht, die schwerste Gefiedermängel besitzen und hätte niemals zu einer vitalen Rasse – die sie heute immer noch ist – geführt.

Deshalb ist es wichtig, keine Zuchtpartner auszuwählen, die beide extrem dünne und kurze Federn besitzen. Ob diese Federn einen Schimmelrand aufweisen oder nicht – also intensiv oder nichtintensiv sind – spielt dabei keine Rolle.

Weitere Informationen zur Pflege und Zucht finden Sie in den Berichten von Lutz Asmus

Fachgruppe im DKB

Für den Gibber Italicus ist im Deutschen Kanarien- und Vogelzüchterbund e.V. die Fachgruppe der Farben- und Positurkanarien oder der Spezialclub für frisierte Kanarienrassen „Frisé-Freunde“ zuständig.

Im Bereich der Sachkunde findet man Erstinformationen zur Kanarienhaltung.

Fragen zum Gibber Italicus

Wir haben auf dieser Seite das Wichtigste zum Gibber Italicus aufgeführt. Bei weiteren Fragen kontaktieren Sie uns gern.

Quellen und weiterführende Literatur

Frisé-Freunde – Spezialclub für frisierte Kanarienrassen. Unter: https://frise-freunde.de/index.html

Positurkanarienstandard des Deutschen Kanarien- und Vogelzüchterbund e.V. (Stand 2021), Loseblattsammlung

H. Claßen, W. Kolter: Die Positurkanarien. Eigenverlag Rheinmünster, 2005.

F. Rossini: Gibber Italicus – cenni storici. Unter: http://www.associazionefiorentinaornitologica.it/Articolo%20Gibber.htm (aufgerufen 30.09.2021)

N. Schramm: Kompendium-Kanarien, Band 3, Positurkanarien aus aller Welt. Books on Demand, Norderstedt, 2022

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