Kurzbeschreibung des Border Fancy
Der Border ist eine glatt befiederte Positurkanarienrasse, die im Grenzgebiet England-Schottland entstand. Sie ist in allen Kanarienfarben, außer in Rot, zugelassen. Hauptmerkmale sind der runde Körper und der ebenfalls runde und deutlich abgesetzte Kopf.
Die Geschichte des Border
Das eigentliche Entstehungsjahr der Borderkanarien lässt sich, wie bei den meisten alten Rassen, nicht mehr eindeutig nachvollziehen. In den heute bekannten Standardwerken der Viktorianischen Epoche (1837 bis 1901 – Regierungszeit der britischen Königin Victoria) über Kanarienrassen, wurde der Border bis dahin nicht erwähnt. Erst in der 1893 erschienenen dritten Ausgabe des Buches „The Canary Book“ von R. L. Wallace, wird in der Einleitung auf die, als „Border Fancy“, bekannte Rasse hingewiesen. Auf Seite 821 der 1902 erschienenen zweiten Edition des Buches „Cage Birds“ ist eine Zeichnung zu finden, die bereits einen intensiven und einen nichtintensiven Border zeigt. Diese beiden Vögel ähnelten aber noch sehr dem Norwich dieser Zeit. In einem Brief an die Redaktion „Cage Birds“ vom 25.10.1902 schreibt J. B. Evans, dass die Rasse um etwa 1830 in der Grenzregion der englischen Grafschaften Cumberland und Westmorland sowie in Südschottland entstanden sein soll. In den Kanarienbüchern des ersten Jahrzehnts des 20. Jahrhunderts, wird der Border dann, neben den etablierten Rassen, regelmäßig beschrieben und thematisiert.
Der Ursprung des Borders ist in den „Common Canaries“, den in der englisch-schottischen Grenzregion gezüchteten „gewöhnlichen“ Landkanarien, zu suchen. C. A. House beschreibt 1893 zwei unterschiedlich ausgeprägte Zuchtrichtungen. Die in der Region Cumberland gehaltene Varietät war mit zierlichen, kleinen Yorkshire der damaligen Zeit vergleichbar. Die weiter nördlich anzutreffende Zuchtrichtung war in der Form gedrungen und ähnelte sehr kleinen Norwich der damaligen Zeit. Erst als 1892 Züchter in Cumberland ihre lokale Variation „Cumberland Fancy“ nennen wollten, wurden energische Proteste seitens der schottischen Züchter laut, die die maßgebliche Entwicklungsarbeit für sich in Anspruch nahmen.
Es ist belegt, dass Vögel der schottischen Zuchtrichtung in die Zuchten der Liebhaber in Cumberland eingebaut wurden. Der aus dem schottischen Chirnside stammende James Patterson berichtet im Buch „Coloured, Type & Song Canaries“ von G. B. R Walker und D. Avon von einem Schuster aus Langholm, der ständig in der Grenzregion um Cumberland umherreiste und Exemplare seiner schottischen Zuchtrichtung in die lokalen Zuchtstämme in Cumberland einbringen konnte. In einer am 5. Juli 1890 einberufenen Versammlung in Hawick sollte ein endgültiger Namen für die Kanarienvögel dieser Grenzregion gefunden werden.
Recht schnell einigte man sich auf den Namen „Border Fancy“ (the border – die Grenze), der die Entstehung im englisch-schottischen Grenzgebiet dokumentieren sollte. Mit dem Beiwort „Fancy“, das auch bei anderen englischen Kanarienrassen zu finden ist, wollte man die so entstandene Rasse von den „Common Canaries“ abgrenzen.
Das Beiwort „Fancy“ wird auch für Zuchtformen im Gartenbau verwendet. Der „Oxford Dictionary“ definiert das Wort „Fancy“ in diesem Zusammenhang mit „Zucht, um bestimmte Schönheitsideale zu erreichen, basierend auf spezifizierten, frei gewählten Merkmalen“.
Weiterhin wurde bei dieser Versammlung gleichzeitig der Grundstein für den Border Fancy Canary Club gelegt. Der Club startete mit einer beachtlichen Mitgliederzahl von 643 Mitgliedern. 1891 wurden bei einem Meeting dieses Clubs in Langholm die Herren Bell aus Jedburgh und Davidson aus Dumfries beauftragt, ein erstes Standardmodell zu entwickeln. Dieses erste Modell basierte auf den besten Ausstellungsvögel der laufenden Schausaison, insbesondere aber auf einem Vogel von Mr. Mc Millan aus Langholm. Der Border dieser Tage war ein kleiner, sehr aktiver Vogel, dessen damalige Größe unserem heutigen „Fife“ sehr ähnelte. Daher war der zu dieser Zeit häufig verwandte Kosename „Wee Gem“ (kleine Kostbarkeit – im Sinne von kleiner Edelstein bzw. kleiner Juwel) äußerst treffend gewählt. C. A. House nannte ihn einmal sehr treffend „Pigmy of the Fancy“ – Zwerg der Rassekanarien.
Eine Entscheidung bezüglich der bei vielen englischen Rassen üblichen Rotfütterung des Borders fiel erst 1901 und diese ist bis zum heutigen Tag nicht mehr zulässig.
Aber die Entwicklung des Borders blieb nicht stehen. Besonders in Schottland gelangte der Border zu immer größerer Popularität. Erst die Gründung des „English and Welsh Border Fancy Club“ im Jahre 1905 verhalf dem Border dann auch zu großer Popularität im gesamten Vereinigten Königreich. Mit Hilfe von Fremdeinkreuzungen (wahrscheinlich Norwich) veränderte sich der Border stark, insbesondere nach dem zweiten Weltkrieg – speziell im Typ, in der Form und in der Größe. Die größeren Vögel wurden von Züchtern und Preisrichtern gleichermaßen favorisiert. Dies führte dazu, dass Standardanpassungen im Jahre 1939, 1967 und 1987 beschlossen wurden und jeweils neue Standardzeichnung erstellt werden mussten.
Der heutige Border ist voluminöser und größer geworden. Er lässt kaum noch Ähnlichkeit mit dem Border des 19. Jahrhunderts erkennen. So wurde im Jahre 2005 eine erneute Anpassung der Standardzeichnung durch die Border Convention vorgenommen. Aus insgesamt 32 Modellzeichnungen wurde, in demokratischer Abstimmung aller der Border Convention angehörigen Spezialvereine, die heute auch in Deutschland gültige Standardzeichnung ausgewählt.
Auch in Deutschland gibt es seit 2003 einen Spezialclub, der sich den Rassen Border und Fife angenommen hat. Die Homepage des Border & Fife Club Deutschland finden Sie unter www.bfcd.info/
Die Rassemerkmale des Border
Hauptmerkmale sind ein gut proportionierter Körper (Harmonie der überwiegend runden Körperformen), ein leuchtendes, seidiges, gut anliegendes Gefieder in gleichmäßiger Ausfärbung und eine elegante Haltung. Der Border ist in allen Kanarienfarben einschließlich der Schecken, außer in Rot, zugelassen.
Der Border besticht durch seinen fülligen runden Körper, der sowohl in der Seitenansicht als auch in der Draufsicht durch harmonische Rundungen geprägt ist. Die Größenverhältnisse von Körper und Kopf entsprechen dem „Goldenen Schnitt“ (62:38). D. h. er ist gut proportioniert, elegant und rund – auf den Punkt gebracht: „aus einem Guss“. Er hat eine gerundete Brust-/Bauchlinie und einen vollen, gewölbten Rücken. Der Kopf ist klein und allseitig gut gerundet, mit zentriertem Auge und kurzem, kegelförmigem Schnabel.
Charakteristisch ist die Einschnürung am Hals, die einen deutlichen Übergang vom Kopf zum Körper erkennen lässt. Durch diese Einschnürung wirkt der Kopf vom Körper abgesetzt.
Der Schwanz ist schmal, mit geringer Einkerbung und in der Länge harmonisch zum Körper passend.
Ein guter Border hat seidig und glatt anliegendes Gefieder in exzellenter Gefiedertextur. Die besonderen Gefiedereigenschaften (Länge, Breite und Elastizität) mit leuchtender, satter und gleichmäßiger Farbe, lassen die Rundungen des Körpers erst richtig zur Geltung kommen.
Die Flügel liegen gut an.
Seine aufrechte Haltung, ca. 60° zur Sitzstangenebene, seine sichtbaren Unterschenkel und die langen, feingeschuppten Läufe, verleihen dem Border eine gewisse Eleganz. Leichtfüßig und keck, ohne hierbei die Flügel- und Schwanzhaltung zu verändern, hüpft er ruhig und gelassen in harmonischer Bewegungen von Sitzstange zu Sitzstange.
Die Größe beträgt 14,6 cm.
Weitere Erläuterungen finden Sie im aktuellen Standard für Positurkanarien.
Der Border auf Ausstellungen
Nachdem sich der Border den Sommer über in einer geräumigen Voliere oder in einer größeren Flugbox vollständig entwickeln konnte, und die Mauser gut überstanden hat, sollte man ihn rechtzeitig vor dem ersten Schautermin einzeln in eine Zuchtbox verbringen. Beschädigtes Großgefieder kann zu diesem Zeitpunkt noch problemlos entfernt werden. Es wird bis zur ersten Vogelschau wieder nachgewachsen sein. Auch können verlorene Deck- und Kopffedern in Ruhe nachwachsen. Weiterhin sollte jeder Vogel zu diesem Zeitpunkt auch auf etwaigen Federling- bzw. Milbenbefall untersucht werden.
Ausgestellt wird der Border in einem eigenen Borderkäfig, der dem in England benutzten Spezialkäfig (Dewar-Käfig, benannt nach dem Erbauer des Prototyps aus Edinburgh) sehr ähnelt.
Allerdings lehnen einzelne Veterinärämter diesen Käfig ab, da er mit 12 cm Tiefe für Vögel zu klein sei und sich beim Drehen das Schwanzgefieder zerstoßen kann. Deshalb ist zur DKB-Meisterschaft und in einigen Landkreisen nur die Ausstellung in einem Wursterkäfig möglich! Leider präsentiert sich der Border Fancy in solch einem Käfig nicht optimal. Ein allseits offener Schaukäfig wird vom Border, mit seinem kecken, munteren Wesen, als angenehm empfunden, denn er bietet eine Singwarte mit Rundumblick, was dem natürlichen Verhalten von Singvögeln sehr entgegenkommt.
Der richtige Sitzstangenabstand ist wichtig, gleichgültig, welcher Ausstellungskäfig verwendet wird. Der Abstand zwischen den Sitzstangen soll sechs freie Stäbe betragen. Nur so kann sich der Border mit eleganten Bewegungen dem Betrachter zeigen. Die Sitzstangen sind vom Umfang her dem Borderfuß angepasst.
Der schönste Border kann nur richtig zur Geltung kommen und sich entsprechend präsentieren, wenn er ausreichend Schautraining erhalten hat. Nur so wird er ruhig und elegant von Sitzstange zu Sitzstange hüpfen und sich dem Betrachter (und dem Preisrichter) perfekt präsentieren. Dies kann nur erreicht werden, indem der Border von frühester Jugend an, an Menschen und den Ausstellungskäfig gewöhnt wurde. Ein untrainierter Border wird nie die Präsentationsfähigkeit eines trainierten Borders erreichen können und sollte gar nicht erst zu einer Schau eingeliefert werden.
Haltung und Pflege des Border
Außerhalb der Zuchtzeit sollte der Border in geräumigen Flugvolieren oder größeren Flugboxen gehalten werden und es lässt sich durchaus eine positive Auswirkung auf seine Entwicklung feststellen.
Eine gute, leuchtende Grundfarbe kann nur durch gezielte Fütterung erreicht werden. Gelbgrundige Border sollten in der Mauserperiode wegen ihres recht hohen Luteingehaltes reichlich Sommerrübsen erhalten. Außerdem darf jeden Tag Grünfutter gefüttert werden, wobei der Fantasie kaum Grenzen gesetzt sind. Es ist erstaunlich, wie viele Arten von Wildkräutern, hierunter Vogelmiere, Hirtentäschel, Kreuzkraut, Knöterich, Hundskamille, Sauerampfer etc., gerne gefressen werden. Ansonsten bietet sich die Fütterung mit einem guten Mischfutter für Kanarien an, wobei natürlich auch die gelegentliche Gabe von Ei- bzw. Kraftfutter sowie Grit und Mineralien nicht fehlen darf.
An dieser Stelle sei einmal erwähnt, dass man vorsichtig bei der Vergesellschaftung von Jungvögeln mit Vögeln unterschiedlicher Grundfarbe sein sollte. Setzt man Jungvögel unterschiedlicher Grundfarbe das erste Mal zusammen, kann dies zu panikartigem Verhalten führen, wobei Kopfverletzungen, Flügelbrüche und Bein- bzw. Fußverletzungen die Folge sein können.
Tipps zur Zucht des Border Fancy
Die Zucht erfolgt idealerweise in Paarhecke in Zuchtboxen mit einer Mindest-größe von 50 cm Breite, 40-50 cm Höhe und 40 cm Tiefe.
Leider ist der Border nicht mehr die leicht zu züchtende Kanarienrasse der Vergangenheit. Mit zunehmender Größe und Selektion auf bestimmte Rasseeigenschaften hat der Border, wie viele große Kanarienrassen, leider ein wenig seiner früher viel gerühmten guten Zuchtfreudigkeit einbüßen müssen. Auch hat die Zucht mit genetisch recht eng geführten Linien nur weniger Spitzenzüchter, in der Vergangenheit einen eher negativen Einfluss auf die Befruchtungsrate – regelmäßige Blutauffrischung ist daher beim Border besonders wichtig. Der einzige Ausweg aus dem Dilemma ist eine konsequente Selektion nicht nur auf die Farbe und Gestalt, sondern vor allem auch auf die Elterneigenschaften.
Insbesondere die hohen Anforderungen an die Farbe machen es notwendig gezielt zu verpaaren. Neben dem Grundsatz intensiv x nichtintensiv zu verpaaren, sollte besonderes Augenmerk auf ausgleichende Verpaarung in Bezug auf die Gefiedertextur gelegt werden. Dies gilt insbesondere bei der Zucht von weißgrundigen Bordern, denn hier führt eine falsche Beurteilung der Zuchtvögel bezüglich ihrer Intensität schnell zu Fehlverpaarungen.
Der zu häufige Einsatz von braunen Bordern führt ebenfalls recht schnell zu Einbußen im Typ und in der Kopfform.
Bei aufgehellten Borderstämmen sollten zumindest sporadisch Scheckenvögel eingekreuzt werden. Hierdurch bleibt die Farbtiefe erhalten und es wird der unkontrollierbaren Mauser der Aufgehellten entgegengewirkt, in die die Vögel bei nur relativ geringen Änderungen in der Beleuchtungsintensität und Beleuchtungsdauer ansonsten recht schnell fallen können.
Text: Thomas Müller, Uwe Feiter – ergänzt und aktualisiert von Norbert Schramm
Fachgruppe im DKB
Für den Border ist im Deutschen Kanarien- und Vogelzüchterbund e.V. die Fachgruppe der Farben- und Positurkanarien zuständig.
Auch der Border & Fife Club Deutschland betreut die Züchter des Border.
Im Bereich der Sachkunde findet man Erstinformationen zur Kanarienhaltung.
Fragen zum Border Fancy
Fragen zum Border haben wir in Unterartikeln aufgelistet und hier aufgeführt.
Bei weiteren Fragen kontaktieren Sie uns gern.
Quellen und Literaturangaben
Homepage des „Border & Fife Club Deutschland“. Unter: http://www.bfcd.info/
Positurkanarienstandard des Deutschen Kanarien- und Vogelzüchterbundes e.V. (Stand 2020), Loseblattsammlung
H. Claßen, W. Kolter: Die Positurkanarien. Eigenverlag Rheinmünster, 2005.
T. Müller, U. Feiter: Faszination Positurkanarien – eine Leidenschaft für’s Leben. Palm Druck & Verlag, Baesweiler, 2013.
N. Schramm: Kompendium-Kanarien, Band 3, Positurkanarien aus aller Welt. Books on Demand, Norderstedt, 2022.