Der Arricciato Gigante Italiano (Frisé-Rasse)
Steckbrief des AGI
Der Arricciato Gigante Italiano (kurz AGI) ist ein domestizierter italienischer Frisé-Kanarienvogel und seit der Weltschau in Portugal im Januar 2001 von der COM anerkannt. Der AGI ist eine große Frisé-Kanarienrasse in gerader Haltung. Er ist in allen Kanarienfarben einschließlich der Schecken zugelassen.
Historie des AGI
Der Arricciato Gigante Italiano (der frisierte große Italiener) wird in Fachkreisen meist nur AGI genannt. Er ist eine recht junge Rasse, deren Geschichte eng mit dem Frisé Parisien verbunden ist.
In der Vergangenheit wurden Frisé Parisien auch an italienische Züchter verkauft, die schon immer eine besondere Vorliebe für frisierte Kanarien haben. Da die Pariser recht teuer und auch anfällig für Krankheiten waren, wurden Lancashire-, Norwich– und wohl auch Yorkshire-Kanarien eingekreuzt. Das hatte zur Folge, dass die Vögel größer wurden und sich die Art der Frisuren änderte. Auf der internationalen Ausstellung in Reggio nell’Emilia (Italien) Mitte der 1980er Jahre disqualifizierte der französische Zuchtrichter Monsieur Edouard eine Reihe solcher Frisé Parisien. Der Grund dafür war, dass diese Vögel nicht dem Rassestandard entsprachen, der auf das Jahr 1920 zurückgeht.
Die italienischen Züchter fanden naturgemäß ihre Vögel wesentlich schöner als die ursprünglichen Frisé Parisien. Tatsache war allerdings auch, dass sich ihre Vögel vom Standard des Frisé Parisien entfernt hatten und sich vor allem in der Kopf- und Rückenfrisur unterschieden. Es folgten heftige Debatten und Diskussionen zwischen Italienern und Franzosen. Da es festgeschrieben ist, dass nur die Nation, die die Rasse geschaffen hat, den Standard ändern darf, lehnte die C.O.M. Frankreich eine Standardänderung des Frisé Parisien ab.
Trotz der Ablehnung wurde die Zucht der veränderten Frisé-Rasse in Italien nicht verhindert. Die italienischen Vögel wurden auf nationalen Ausstellungen weiterhin als Frisé Parisien hoch prämiert, bei ausländischen Wettbewerben jedoch bestraft. Ungeachtet dessen haben selbst Züchter anderer Nationen, wie z. B. Deutschland, die Vögel mit Freude aufgenommen und gezüchtet.
Somit war es zwangsläufig eine richtige Überlegung, offiziell eine neue Rasse zu schaffen. Fast ein Jahrzehnt versuchte die italienische Technische Kommission C.T.N. dies zu verhindern und setzte auf eine Standardänderung des Frisé Parisien, was aber am Widerstand Frankreichs scheiterte. Es war eine Zeit, in der sich zwei gegensätzliche und weit voneinander entfernte Thesen gegenüberstanden, was zu großen Spannungen führte. Ungeachtet dessen wurde 1994 ein erster Standard des AGI von der ABC (Associazione Bolognese di Canaricoltura) in einem Notariat von Bologna registriert.
Die Schöpfer dieses Standards waren Angelo Casasola, Silvano Ruardo, Franco Lombardini, Sauro Cané und Luigino Berton. Die Fachtexte und die Standardzeichnung verfasste Giorgio de Baseggio.
All diese Aktivitäten führten letztendlich 1995 zur nationalen Anerkennung der Rasse AGI und nach jahrelangen schriftlichen Auseinandersetzungen beschloss die F.O.I. (Federazione Ornicoltori Italiani), die neue Rasse der C.O.M. zur Anerkennung vorzulegen. Nach dem erfolgreichen Anerkennungsverfahren wurde der Arricciato Gigante Italiano auf dem OMJ-Kongress vom 14. Januar 2001 in Santa Maria di Feira (Portugal) als neue Rasse international anerkannt.
Der Arricciato Gigante Italiano ist heute eine von den Züchtern in der ganzen Welt verbreitete und begehrte Frisé-Kanarienrasse.
Die Rassemerkmale des AGI
Der Arricciato Gigante Italiano (AGI) ist eine große Frisé-Kanarienrasse mit aufrechter Haltung, die in Italien entstand. Er ist in allen Kanarienfarben, einschließlich der Schecken, zugelassen.
Die Besonderheit des AGI sind die drei Hauptfrisuren, die durch weitere Sekundärfrisuren (Nebenfrisuren) ergänzt werden, sodass keine Körperstelle unfrisiert bleibt. Im Gegensatz zu denen beim Frisé Parisien streben die Federn der Frisuren in Richtung Kopf und die Rückenfrisur ist rund.
Kopf, Hals und Kragen: Der Kopf ist voluminös, mit einem konischen, breit angesetzten Schnabel. Die Federn des Nackens, das Revers, sind nach oben gerichtet und gehen in die Federn der Kapuze über. Die Federn der Kapuze sind nach vorn gerichtet und können bis zur Schnabelwurzel reichen. Die so gebildeten Kapuze wird auf Französisch capuchon oder auf Italienisch cappuccio pieno genannt. Auch kürzere Kapuzen oder Frisuren mit einem Ansatz einer Kapuze – l’inizio di cappuccio – sind erlaubt. Diese kurzen Kappen sollen dann weitere Ergänzungsfrisuren tragen. Wichtig ist jedoch immer, dass die Federn am Hinterkopf und Nacken nach oben und vorn weisen. Ebenso wichtig ist, dass die Augen noch sichtbar sind und der Vogel sich ausreichend orientieren kann. An den Halsseiten und der Kehle muss ein Kragen sichtbar sein, dessen Federn ebenfalls nach oben gerichtet sind. Backenbärte vervollständigen die Kopffrisuren.
Kopfstudien des AGI
Die Zeichnungen zeigen die unterschiedlichen Ausprägungen der Kopffrisuren bei den AGI-Kanarienvögeln.
Flankenfrisur: Auch Stützfedern genannt. Die Federn dieser Hauptfrisur streben beidseits oberhalb der Schenkel zuerst nach außen und wölben sich dann nach oben und sollen bis zur Höhe der Schultern reichen. Das wird nur erreicht, wenn diese Federn breit, lang und gut entwickelt sind. Keinesfalls dürfen sie schlaff nach unten hängen. Sie müssen sich deutlich von der Rücken- und Brustfrisur abheben.
Größe: Die Mindestlänge beträgt 21 cm. Die Beachtung der Größe sollte sich jedoch nicht nur auf die Länge des Vogels beschränken, sondern es sind dabei auch die harmonischen Proportionen zu berücksichtigen. Der Vogelkörper muss ein gewisses Volumen besitzen, damit die üppigen Frisuren auch zur Geltung kommen können.
Gefieder: Das Gefieder ist fein, weich und sehr voluminös. Alle Kanarienfarben sind erlaubt.
Rückenfrisur und Bukett: Im Gegensatz zum Frisé Parisien bildet die Rückenfrisur keinen Scheitel, vielmehr streben die breiten, langen und sehr ausladenden Federn von einem zentralen Mittelpunkt des Rückens nach allen Seiten. Diese Hauptfrisur wird deshalb Rose oder Rosette genannt. Das Federpolster des Buketts schließt sich unterhalb des Mantels an. Die Federn dieser Sekundärfrisur dürfen nach rechts oder nach links fallen, ohne dass der Vogel deutlich unsymmetrisch erscheint.
Brustfrisur und Unterbauch: Wie bei allen Frisé-Kanarien ist die Brustfrisur eine der drei Hauptfrisuren. Beim AGI streben die Brustfedern nicht von beiden Seiten zur Mitte, sondern von beiden Seiten nach oben und bilden in der Nähe des Kragens einen „Fächer“, ohne eine Öffnung zu bilden. Auch der Bauch muss beim AGI frisiert sein. Die culotte kann man mit „Höschen“ übersetzen und so den Ort ihres Auftretens bestimmen. Die Federn des Höschens sind nach oben gerichtet und schließen sich an die Brustfrisur an.
Schwanz: Der Schwanz ist lang, breit und geschlossen und bildet mit Kopf und Rücken eine Linie, darf aber auch leicht herabhängen. Die Hahnenfedern sind die stark verlängerten und sichelförmig gebogenen Oberschwanzdecken. Sie fallen beidseitig von der Schwanzwurzel herab. Sie sollen reichlich vorhanden sein.
Haltung: Die Haltung im Schaukäfig ist aufrecht in einem Winkel von mindestens 60 Grad zur Sitzstangenebene. Der AGI muss einen stolzen, ja majestätischen Eindruck hinterlassen. Ein zu stark herabhängender Schwanz führt zu einer gebeugten Haltung, die die italienischen Züchter „rana“ (Frosch) nennen. Diese Haltung ist während der Vogelbewertung nicht gewünscht.
Flügel: Die kräftigen Flügel werden anliegend getragen. Ein leichtes Überkreuzen der Flügel über dem Bürzel ist erlaubt.
Beine und Füße: Mit diesen anatomisch falschen Bezeichnungen sind die Ständer und Zehen gemeint. Aufgrund der Größe der Vögel sind die Ständer stark und kräftig und müssen mit Kennzeichnungsringen versehen werden, die einen Innendurchmesser von 3,5 mm haben. Die Zehen sind ebenfalls kräftig und umschließen die Sitzstange fest. Korkenzieherkrallen oder Ansätze dafür sind ein Rassemerkmal, müssen aber regelmäßig gekürzt werden, um Verletzungen zu vermeiden.
Kondition: Der nicht scheue Vogel ist sauber, gesund und zeigt sich in guter Kondition und Käfiggewöhnung.
Weitere Erläuterungen finden Sie im aktuellen Standard für Positurkanarien.
Haltung und Zucht des AGI Kanarienvogel
Der AGI ist in seiner Haltung, Ernährung und Zucht mit dem Frisé Parisien vergleichbar. Die Rasse ist nicht leicht zu züchten. Sie bleibt daher eine Rasse, die nur für Experten auf dem Gebiet der Frisé-Zucht geeignet ist. In Büchern und Artikel liest man, dass diese Rasse durchaus ohne Ammen gezüchtet werden kann.
Die Zuchtkäfige sollten mit innenliegenden Nestern ausgestattet werden, da sich die großen Weibchen in Außennestern nicht vollständig drehen können.
Die jungen AGI brauchen deutlich länger, um futterfest zu werden. Deshalb sollten sie bis zu einem Alter von 35 bis 38 Tagen bei den Eltern bleiben, was aber einige Probleme mit sich bringt. Die Weibchen bauen in dieser Zeit bereits ein neues Nest und rupfen den Jungen die so verlockend abstehenden Frisuren aus. Meist hilft auch ein Überangebot an Nestbaumaterial, einschließlich Federn, nicht. Dann muss das Männchen mit den Jungvögeln abgetrennt werden. Der Vater wird seine Jungen weiterhin füttern. Das Männchen muss aber täglich für ein paar Stunden zum Weibchen gelassen werden, damit die Eier der nächsten Brut befruchtet werden können.
Den abgesetzten Jungvögeln muss in den ersten Tagen mit allem Guten geholfen werden, mit Weichfutter, gequetschten Haferkernen, Apfelscheiben, Chicorée und allem, was sie leicht essen können. Nach und nach wird dann der Anteil trockener Körner erhöht, bis es dem Futter der Ruhezeit ähnlich ist.
Fachgruppe im DKB
Für den AGI ist im Deutschen Kanarien- und Vogelzüchterbund e.V. die Fachgruppe der Farben- und Positurkanarien oder der Spezialclub für frisierte Kanarienrassen „Frisé-Freunde“ zuständig.
Im Bereich der Sachkunde findet man Erstinformationen zur Kanarienhaltung.
Fragen zum AGI
Fragen zum Arricciato Gigante Italiano haben wir in Unterartikeln aufgelistet und hier aufgeführt. Bei weiteren Fragen kontaktieren Sie uns gern.
Quellen und Literaturangaben
Positurkanarienstandard des Deutschen Kanarien- und Vogelzüchterbund e.V. (Stand 2021), Loseblattsammlung
Frisé-Freunde – Spezialclub für frisierte Kanarienrassen. Unter: https://frise-freunde.de/index.htm
H. Claßen, W. Kolter: Die Positurkanarien. Eigenverlag Rheinmünster, 2005.
N. Schramm: Kompendium-Kanarien, Band 3, Positurkanarien aus aller Welt. Books on Demand, Norderstedt, 2022